Gutachten im Familienrecht: Auf die Qualität kommt es an

Fachverbände definieren Mindestanforderungen

VertreterInnen juristischer, psychologischer und medizinischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwalts- und der Bundespsychotherapeutenkammer haben unter Begleitung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) ‚Mindestanforderungen an Gutachten im Kindschaftsrecht‘ erarbeitet.

Einige umstrittene Urteile und Studien hatten die Diskussion um die Qualität forensischer Gutachten in den Fokus der medialen und politischen Öffentlichkeit gerückt. Im Koalitionsvertrag vereinbarten die Regierungsparteien „in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden die Qualität von Gutachten, insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern“ zu wollen. Ein Ergebnis dieser Bemühungen ist der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit einigen gesetzlichen Klarstellungen.

Parallel zu den gesetzgeberischen Aktivitäten beschlossen Mitte letzten Jahres Politik und VertreterInnen der relevanten Fachverbände und Kammern, die Qualitätsziele für Gutachten in einem bundesweiten interdisziplinären Konsensprozess zu bündeln. Rechtspsychologische ExpertInnen des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) haben sich in diesem Prozess besonders engagiert: auf Einladung von BDP/DGPs fanden verschiedene Arbeitstreffen der Expertenrunde in Berlin statt. Zudem wurden die dort entwickelten Ergebnisse parallel in verschiedenen Fachgesprächen mit KollegInnen aus Wissenschaft und Praxis einschließlich der Gerichte diskutiert. Anforderungen der Praxis und Erkenntnisse der Wissenschaft konnten dadurch effektiv und anwendungsbezogen miteinander kombiniert werden. Auf vielfältige Art und Weise hat so rechtspsychologisches Fachwissen Eingang in das Papier gefunden.

Mit den ‚Mindestanforderungen an Gutachten im Kindschaftsrecht‘ entwickelten die beteiligten VertreterInnen nun erstmals professionsübergreifende Qualitätsstandards, die als Mindestanforderungen in der Gutachtenerstellung Standard werden sollen. Sie sind ein erster, wichtiger Schritt bei der Qualitätssicherung. Darüber hinaus ist allerdings eine verbesserte und spezifische Aus-, Fort- und Weiterbildung von Sachverständigen, Rechtsanwälten und Richtern dringend notwendig.

Herzlicher Dank geht an alle Beteiligte für ihre rege, kooperative und konstruktive Mitarbeit.

Dipl. psych. Dr. jur. Anja Kannegießer RiAG a.D. Horst-Heiner Rotax
Vors. des Fachgremiums Rechtspsychologie BDP/DGPs
Vors. der Sektion Rechtspsychologie im BDP
Kinderrechtekommission, DFGT

→ Die Mindestanforderungen als PDF ansehen

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